Mittwoch, 17. Juni 2020

Von Breitenrode nach Marienborn (Aller)

Wir wollten dieses Jahr ein paar Tage den Radweg an der innerdeutschen Grenze fahren, dem deutschen Teil des Eisernen Vorhangs. Eigentlich wollten wir oben in Lübeck beginnen, wie es sich gehört. Da hat uns ein gewisses Virus aber einen Strich durch die Rechnung Buchung gemacht. Stattdessen habe ich mittendrin angefangen und bin ein paar Etappen gefahren, die als Tagesausflüge erreichbar sind.
Zunächst eine Etappe, die ich schon vorher kannte:

Die Aller-Grenze

Streckenlänge: 37,8
Grenzquerungen: 4 (Iron Curtain Trail) bzw. 2 (Allerradweg)
Bundesländer: Niedersachsen/Sachsen-Anhalt
Erkenntnis: Ein heutiger Stau ist wahrscheinlich lächerlich im Vergleich zu dem, was in Marienborn los war.

In Breidenrode (bei Oebisfelde) trifft die Grenze auf die Aller, einen Nebenfluss der Weser. Zunächst verläuft die Grenze genau auf der Aller, dann schweift sie ein bisschen davon ab. Kein Wunder, die Aller ist hier ja nur ein kleines Flüsschen.
Hier ist in der Karte ein Ausflug nach Wolfsburg eingezeichnet. Lassen Sie mich dazu folgenden Kommentar abgeben: Nein.
Es ist mir völlig schleierhaft, wieso ein Ausflug nach Wolfsburg eingetragen ist, aber später keiner nach Eisenach. Eisenach liegt nicht nur näher am Radweg, es ist auch etwa zehntausendmal schöner und sehenswerter.

Die Grenze durchquert zwei Naturräume. Zuerst den Drömling, ein flaches, wunderschönes Wald- und Moorgebiet mit einer vielfältigen Tierwelt (Zecken, Eulen, Zecken, Kühe und Zecken).

Danach wird es zum ersten Mal so richtig bergig am Grünen Band. Die Grenze verläuft auf dem Bergrücken im Lappwald, der Weg ist weiter unten am Waldrand.

Zwischen Breitenrode und Marienborn ist der Radweg am Eisernen Vorhang weitgehend identisch mit dem Allerradweg. Deswegen bin ich diesen Abschnitt bereits gefahren, allerdings in umgekehrter Richtung:
Bei Helmstedt schweift der Iron Curtain Trail ein bisschen vom Allerradweg ab und führt auf Kieswegen durch den wunderbaren Wald. Die Grenze fließt gleich nebenan in Gestalt des Mühlbachs. Ein Ausflug nach Helmstedt ist auch eingezeichnet, was sich schon mal mehr lohnt als Wolfsburg.

Am Wegesrand steht ein alter Propaganda-Lautsprecher der DDR.

Eine besonders wichtige Stelle ist die Gedenkstätte Marienborn. Dieser riesige Kontrollpunkt an der Autobahn war der wichtigste  und bekannteste Grenzübergang zwischen den beiden deutschen Staaten, quasi der Checkpoint Charlie der nicht-berlinerischen Grenze. Für die Durchreise nach Westberlin (Verlassen der Autobahn streng verboten) gab es eine Extraschlange. Seit dem Ende der Berliner Luftbrücke konnten die Wessis hier die DDR durchqueren. Natürlich wollte die DDR nicht, dass sich an der Raststätte unterwegs ein Flüchtling im Auto versteckt, aber gleichzeitig sollten die Kontrollen auch nicht zu lange dauern. Die Lösung: Alle Autos werden schnell von irgendwelchen Strahlen geröngt, die lebende Körper im Wagen am Bildschirm sichtbar machen. Davon wussten die Autofahrer nichts. Welche Auswirkungen das auf die Gesundheit der Reisenden hatte, bleibt ungewiss.
Heute kann jeder die Anlage kostenlos betreten und herumlaufen. Dahinter fahren die LKWs auf der Autobahn. Bei Stau sieht es fast so aus, als würden sie immer noch am Grenzübergang Schlange stehen.

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