Sonntag, 21. Juni 2020

Der Brocken

In Elend führt ein Ausflug auf den Brocken, den höchsten Berg im Harz und den vielleicht bekanntesten Berg aller deutschen Mittelgebirge.
Theoretisch kommt man auf einer breiten asphaltierten Straße mit dem Fahrrad bis zum Gipfel. Wer mich kennt, weiß aber: So was mache ich lieber zu Fuß. Den Brocken habe ich schon vorher bestiegen. Dazu musste ich mit zwei Bussen über Elend nach Schierke fahren. (Die Busse im Harz sind null aufeinander oder auf die Bahn abgestimmt und fahren sehr unregelmäßig. Die Umsteigezeiten betragen meist 45 Minuten. Deshalb rate ich von dieser Reisemethode ab.)
Das Dorf Schierke hat einen coolen Kurpark und stellt den in Studentenkreisen bekannten Schnaps namens Schierker Feuerstein her. Deshalb steht auch die riesige Nachbildung einer Schnapsflasche herum.
Der Brocken ist kein spitzer Berg, sondern eher eine flache Halbkugel, wie fast alle Berge im Harz. Deswegen kann man in Schierke gar nicht sehen, wo der eigentlich ist. Und während der restlichen Wanderung auch nicht - direkt am Brocken ist der Berg selbst quasi unsichtbar.

Auf dem Brocken treffen sich ja angeblich die Hexen. Deswegen passiert man zunächst den Verbotenen Wald aus Harry Potter.

Wir passierten aber nicht nur Wälder, sondern fast ebenso viele ehemalige Wälder, welche Borkenkäfern zum Opfer gefallen sind.
Auf den asphaltierten Straßen fuhren Menschengruppen auf Segways (diesen Dingern, auf denen Menschen stehend im Schritttempo fahren). Wir besteigen nun einmal einen Gipfel, der alles andere als ein Geheimtipp ist und sehr stark frequentiert wird. Aber geführte Segway-Touren? So tief sind wir noch nicht gesunken.

Der Weg passiert Straßen, Bäche und Bahnschienen. Hier verkehrt die Brockenbahn. Die wird von einer Dampflokomotive gezogen. Zu Hause hatte ich anfangs überlegt, ob man nicht eine Strecke wandern und mit der Bahn zurückfahren könnte, denn ich mag Dampflokomotiven. Aber als ich im Internet die Fahrpreise sah, verwarf ich diese Idee ziemlich schnell.

Und nun folgt der anstrengendste Teil des Aufstiegs, ein steiler, steiniger Weg, der auf direktem Wege bergauf führt, während sich Straße und Gleise langsam als Spirale um den Berg schlängeln. Für Segways ist dieser Weg übrigens nicht geeignet. Eine Masse an Leuten kraxelte hier gemeinsam mit uns hinauf. Aber der Weg war relativ breit, also konnte sich jeder aussuchen, über welche dicken Felsbrocken er lieber weiterlaufen möchte. Wir konnten uns sogar auf einen Felsbrocken auf dem Weg setzen, um Pause zu machen.
Am Eckerloch, zu Beginn dieses Abschnitts, entspringt die Ecker, die wenig später die Grenze bilden wird. Später mündet sie in die Oker, von da aus fließt das Wasser weiter über die Saale in die Elbe.

Schließlich führt der Steinweg wieder auf die Spiralstraße. Hier sammeln sich nun sämtliche Verkehrsteilnehmer, einen anderen Weg zum Gipfel gibt es nicht mehr. Das birgt Gefahren, vor denen ein anschauliches Schild warnt.

Dann waren wir oben. Auf dem Gipfel bewegt sich ein Meer aus Gras, aus dem Steine ragen. Die Berge sind alle blau und halb transparent.

Da unten, da ist das Tal, wo der Weser-Harz-Heide-Radweg entlangführt! Oder? Und die Stadt da - ist das jetzt Goslar? Oder Bad Harzburg? Oder Wernigerode? Keine Ahnung.

Ein kreisrunder Weg umschließt den Gipfel. Das beeindruckendste Objekt auf diesem Rundweg ist  diese Felsformation. Sie nennt sich Teufelskanzel. Hier beobachteten Faust und Mephistopheles angeblich die Walpurgisnacht - in jener Szene, bei der schon zahlreiche Schüler im Deutschunterricht dachten: Okay, was soll das denn jetzt? (Und dann, beim "Walpurgnisnachtstraum": HÄ?)

Und was ist das hier? Einfach eine Wiese aus langem Gras? Irrtum! Das ist ein botanischer Garten, der zur Uni Göttingen gehört und auf Gebirgspflanzen spezialisiert ist. Zugegeben, das erkennt man nicht sofort... aber da hinten stecken tatsächlich ein paar windschiefe Schilder in der Erde.

Auf einem riesigen Platz aus Sand liegt ein Haufen Findlinge. Und die sind der 1141 Meter hohe Gipfel vom Brocken. Metallplatten zeigen an, wie weit es wohin ist.
Dass die "Plattform" auf dem Gipfel so irrsinnig groß ist, hat den Vorteil, dass genug Platz für alle Menschen ist. Ein Nachteil ist, dass man nicht einfach in alle Richtungen auf einmal gucken kann, wie es sonst für einen Berggipfel typisch ist. Will man die Aussicht in alle Richtungen gründlich abchecken, kann das schon ein Rundgang von einer Viertelstunde um den ganzen Gipfel werden.
Oder man macht es wie die Kinder und klettert einfach auf die Findlinge.
Das höchste Gebäude ist der rechteckige graue Kasten mit Aussichtsplattform im Hintergrund. Das Haus mit der Kuppel dahinter ist das Brockenhaus, ein modernes Museum.

Leider war die Aussichtsplattform um die Kuppel geschlossen, weil der Wind zu stark wehte. Also hörten wir stattdessen als DDR-Spitzel ein paar Leute ab, also quasi. Denn die innerdeutsche Grenze führte einst genau über den Brocken (während die heutige Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen weiter westlich außenrum verläuft). Auf dem Brocken waren Soldaten und Stasi-Lauscher stationiert, die ihr Volk und den Westen ausspionierten. Nebenan saßen Mitarbeiter des Fernsehens, die vom Brocken sendeten. Die wurden aber möglichst von den anderen getrennt gehalten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen